Bestattungsbräuche verschiedener Kulturen: von der Steinzeit bis heute
Die Bestattung Verstorbener ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Allenfalls die Art der Beisetzung besprechen die Hinterbliebenen miteinander. Beratung und Unterstützung erhalten sie dabei durch das von ihnen mit der Vorbereitung und Ausrichtung der Bestattung beauftragte Bestattungsunternehmen.
Manche stellen sich dabei die Frage: Haben Menschen schon immer ihre Toten bestattet, und wenn ja, wie?
Gab es eine Stunde null für die Bestattungskultur?
Erste Nachweise über Bestattungen Verstorbener lassen sich bei Neandertalern nachweisen. Sie legten ihre Toten in Gruben oder Höhlen ab. Auch Grabbeigaben gab es: Speisen und Waffen, gelegentlich Bärenknochen. Eine solche noch aus anderen Kulturen bekannte Versorgung mit Nahrung und Gebrauchsgegenständen lässt auf Vorstellungen einer Weiterexistenz im Jenseits schliessen. Anrührend ist der Fund an einem Begräbnisort in der irakischen Shanidar-Höhle, wo Forscher an den aufgefundenen Knochen ungewöhnlich viele Blütenpollen nachwiesen. Das spricht für einen Bestattungsbrauch mit Blumen, wie er uns heute noch vertraut ist.
Zu Zeiten der Neandertaler lebten ausserdem Cro-Magnon-Menschen, welche die vor circa 30.000 Jahren verschwundenen Neandertaler überdauern sollten. Cro-Magnon-Menschen pflegten ebenfalls eine Bestattungskultur, die vermutlich noch differenzierter gestaltet war. Wissenschaftler nehmen an, dass Cro-Magnon-Menschen bei ihren Bestattungen Schamanen oder Priester für bestimmte Rituale einsetzten.
Wenn es eine Stunde null für den Bestattungsbrauch gab, so lässt sich diese nur grob schätzen, dabei aber auf die beiden Menschengruppen Neandertaler und Cro-Magnon eingrenzen. Von den Vorläufern in ferner Zeit lassen sich aus den Auffindesituationen ihrer Skelette keinerlei Bestattungsformen ablesen. Daher ist anzunehmen, dass sie anstelle von Bestattungen ihre Toten in der Natur liegen liessen.
Kultur der Bestattung im alten Ägypten
Geradezu berühmt für ihren komplexen Totenkult sind die alten Ägypter. Überzeugt von einem Weiterleben nach dem irdischen Tod, taten sie alles in ihrer Macht Stehende, dass es ihre Verstorbenen im nächsten Leben richtig gut haben sollten. Dafür entwickelten sie Rituale, deren Abläufe im Totenbuch genau beschrieben sind. Sein Inhalt besteht aus einer Sammlung von magischen Texten, Zauberwörtern und Beschwörungsformeln zur Sicherung des Wohlergehens im Jenseits.
Ein bekannter Bestattungsbrauch der alten Ägypter war das Mumifizieren etwa ab dem Jahr 3000 vor Christus. Zum dauerhaften Erhalt behandelten sie die Körper ihrer Verstorbenen nach einer speziellen Rezeptur. Sie entnahmen die Körperorgane und legten diese in separaten Gefässen – Kanopen – ab, bevor sie den Körper trockneten, einbalsamierten und bandagierten. Je nach sozialem Status erhielten Tote Schmuck, darunter kostbare Gesichtsmasken, ausserdem Nahrungsmittel und Geräte für ihre Reise ins Jenseits. Besonders hochstehende Personen wie Pharaonen bekamen sogar Streitwagen und prächtige Möbelstücke ins Grab. Die ägyptischen Pyramiden stellen die weltweit grössten Bestattungsgebäude dar.
Bestattungsbrauch der antiken Griechen
Die zeitgleich mit den alten Ägyptern lebenden alten Griechen liessen sich von deren Totenkult inspirieren. Sie glaubten ebenfalls an ein weiteres Leben nach dem Tod und legten bei der Bestattung dem rituell gewaschenen und eingekleideten Leichnam Nahrung, Wein und Kleidung ins Grab. Es war wichtig, den Verstorbenen ausreichend mitzugeben und die Rituale der Bestattung genau zu befolgen. Andernfalls würde die Toten im Hades ein freudloses Weiterleben bis hin zu Qualen erwarten.
Im antiken Griechenland waren bis circa 1000 vor Christus Erdbestattungen üblich. Dann setzte sich in gesellschaftlich hochrangigen Kreisen die Feuerbestattung durch, ausgelöst durch die als praktisch empfundene Lösung der Verbrennung der auf dem Schlachtfeld Gefallenen. Ihre in eine Urne abgefüllte Asche ermöglichte den Transport auch über weite Strecken. Sogar eventuell erst Wochen oder Monate nach dem Tod stattfindende Beisetzungen – etwa bei Prominenten oder Kriegshelden – konnten so besser in einem angemessenen Rahmen ausgerichtet werden.
Bestattung im alten Rom
Im antiken Rom war es üblich, dass gewöhnliche Bürger eine Erdbestattung erhielten, die Elite hingegen eine Feuerbestattung. Wohlhabende mieteten eigene Stellplätze in als Kolumbarien bezeichneten Grüften, für die sie kunstvoll gefertigte Urnen anschafften. Extra erwähnenswert sind die mit Juwelen besetzten Tränenkrüge zum Auffangen und Aufbewahren der Tränen von Trauernden. Aus den zunehmend aufwendigeren Bestattungen entstand ein neuer Beruf: Der erste professionelle Bestatter lässt sich wahrscheinlich im alten Rom verorten.
Ab 100 nach Christus verdrängten Erdbestattungen zunehmend Feuerbestattungen. Zum einen führten die zahlreichen Verbrennungen zu Holzknappheit, zum anderen lehnte seinerzeit das erstarkende Christentum Einäscherungen ab.
Bestattung im Mittelalter
Im frühen Mittelalter sahen Menschen Tod als Teil des Lebens an und betrachteten ihn pragmatisch. Die Lebenserwartung war gering, der Tod allgegenwärtig. Trauer und Angst galten als unangemessen. Der Tod bedeutete Menschen eher Erlösung aus einem entbehrungsreichen, anstrengenden Dasein. Entsprechend schmucklos waren Beisetzungen. Aus Furcht vor Totengeistern erfolgten sie meist ausserhalb der Städte.
Ab dem 7. Jahrhundert entstand mit den aufstrebenden Klöstern ein Märtyrerkult. Pilger wollten später oft in der Nähe einer Märtyrergrabstätte begraben werden. Kirchen und Kapellen nahmen zahlenmässig zu. Tote fanden eher auf Kirchhöfen als auf freiem Land ihre letzte Ruhe.
Ab dem 12. Jahrhundert veränderte sich die Auffassung vom Tod. Unter dem Einfluss der Werke griechischer und römischer Philosophen, der Entdeckung neuer Erdteile und allgemeinen kulturellen Veränderungen betrachteten Menschen den Tod nicht mehr als Erlöser aus einem harten Leben.
Zur Hoffnung auf Frieden gesellte sich Angst. Seuchen wie die Pest bestärkten das Grauen. Als sich die Vorstellung vom freien Willen etablierte, verbunden mit Gedanken an moralische Verantwortung und die Aufrechnung guter und böser Taten mit Folgen für das Seelenheil, wuchs die Angst vor dem Tod.
Verstorbene wurden verhüllt und vor Lebenden verborgen. Grabsteine, Grabplatten, Inschriften, Skulpturen und Totenmasken übernahmen jetzt die Darstellung Verstorbener.
Bestattungskultur vom Industriezeitalter bis heute
Die Angst vor dem Tod hält an, verbindet sich bei vielen allerdings mit der Hoffnung, einst im Himmel mit lieben Angehörigen wieder vereint zu sein. Andere wiederum fassen den Tod als unwiderrufliches Ende ihrer Existenz auf. Friedhöfe ähneln zunehmend Parkanlagen. Anfangs starben Menschen nun oft noch zu Hause. An ihrem Sarg im Wohnzimmer hielten Angehörige Totenwache. Schwarze Trauerkleidung und Trauerbriefpapier mit schwarzer Umrandung bürgerten sich ein.
Der medizinische Fortschritt verlängert neben dem Leben das Sterben. Mehr Menschen als früher sterben inzwischen im Krankenhaus oder Hospiz. Gleichzeitig wird der Tod immer mehr zur Privatsache beziehungsweise zum Tabu in der Öffentlichkeit. Damit verbunden ist starke Unsicherheit oder Schweigen im Umgang mit lebensbedrohlich Erkrankten, Sterbenden und Hinterbliebenen.
Bestattungsbrauch: Kultur im Wandel
Den einen ultimativen Bestattungsbrauch gibt es heutzutage in der Schweiz nicht mehr. Ergänzend zu traditionellen Erd- und Feuerbestattungen wächst die Nachfrage nach Bestattungsalternativen. Als Bestattungsort erfüllt der Friedwald die Bedürfnisse vieler Hinterbliebener besonders gut. Gerade bei räumlicher Distanz zwischen Verstorbenen und Hinterbliebenen befreit die Bestattung im Wald von nur schwer oder teuer organisierbarer Grabpflege. Hier erledigt in idyllischer Umgebung die Natur mit ihrem Jahreszeitenablauf die Aufgabe. Nicht jeder braucht ein klassisches Friedhofsgrab. Ähnlich funktionieren Almwiesenbestattungen und Bergbachbestattungen. Der Beisetzung in der Natur sieht aus Umwelt- und Ethikgründen eine Feuerbestattung vor, nach der die Asche in einer kompostierbaren Urne im Waldboden vergraben oder im Bach oder auf der Wiese verstreut wird.
Ob klassischer Bestattungsbrauch oder moderne Alternative: Rund um die Bestattung gestalten Angehörige die Trauerzeremonie nach eigenen Wünschen: kirchlich mit Pfarrer oder neutral mit Trauerredner, kleine oder grosse Feier, schwarze oder bunte Trauerkleidung – kurz: Im Prinzip bleibt hier fast alles beim Alten. Ausnahme: Der Bestattungsbrauch in der Natur bedeutet Verzicht auf jeglichen Grabschmuck einschliesslich Blumen und Gestecken.
Verlässlicher Berater der Hinterbliebenen ist das Bestattungsinstitut. Es hält Särge und Urnen in reicher Auswahl vor, von schlicht bis dekorativ. Sogar die Bekleidung des Toten ist variabel. Das sprichwörtliche Totenhemd darf, muss es aber nicht mehr sein. Als Alternative ist Tageskleidung erlaubt, zum Beispiel Lieblingskleidung des Verstorbenen. Bestatter kümmern sich bei Bedarf obendrein um behördliche Verwaltungsangelegenheiten sowie Anzeigen und Trauerpost. So erfahren Hinterbliebene etwas Erleichterung in einer schweren Zeit.